Aktuell: Die 2. ästethische Intervention vom 20.10.16
Miesbacher Merkur vom 21.10.2016
Jochen Strodthoff liest einen Text von Thomas Bernhard
Nachtrag zu unten stehendem Artikel: Inzwischen wurde eine Historikerkommision unter Beteiligung des Instituts für Zeitgeschichte in München eingesetzt. Über die weitere Vorgehensweise mit dem 'Denkmal' wird beraten. Das Strafverfahren gegen uns wurde von der Staatsanwaltschaft München eingestellt.
Die alte Nazi-Gedenkstätte am Weinberg, zu deren Einweihung
Göring anwesend war und zu der 1927 auch Hitler pilgerte, wurde 1945
gesprengt. 1956 aber ließ der damalige Schlierseer Pfarrer Widholz mit
Unterstüzung der Gemeinde Schliersee und des damaligen Landrats, eine
neue Gedenktafel in die Außenmauer der Georgskapelle einfügen.
Welche Bedeutung dieser “Gedenkort“ für die Nazis hatte und
immer noch hat, lässt sich gut nachvollziehen, wenn man die Rolle des
Freikorps Oberland und des Bund Oberland in der NS-Zeit betrachtet - von der
Bekämpfung der Münchener Räterepublik, der Beteiligung an der
Ermordung Andersdenkender(Fememorde), der Teilnahme am Hitlerputsch bis hin
zur Eingliederung in die SA und SS.
Diese Gedenktafel muss endlich entfernt - und durch eine Inschrift ersetzt
werden. Wir schlagen vor:
'Für Akzeptanz
und ein friedliches
Miteinander.
Gegen Naziterror
und
Rechtsextremismus
einst und heute'
Nachtrag zu unserer 'Ästethischen Intervention vom 19.05.2016
Liebe Freunde und Interessierte an den Vorgängen an der
Annaberg-Gedenktafelam Weinberg in Schliersee,
hiermit möchte ich euch auf den neuesten Stand bringen:
Nach der “Ästethischen Intervention“ von Wolfram Kastner
und mir am 19. Mai siehe
Miesbacher Merkur vom 20.05.2016 und vom 13.06,2016
wurde von Seiten des Pfarrers Sinseder Gesprächsbereitschaft signalisiert, wie mit der Tafel umgegangen werden soll. (siehe den 2.Artikel im Merkur)
Wir hingegen wurden von einem Herrn Vinzenz Jauss, der sich offenbar rührend
der Pflege der ‘Ehrentafel’ widmet, wegen Sachbeschädigung
angezeigt. Beim Abnehmen unserer Tafel sei ein Sachschaden in Höhe von
€ 250,- entstanden. Es wurde angeblich etwas frische Farbe verwischt.
Und Pfarrer Sinseder stellte bei der Kriminalinspektion Rosenheim
Strafantrag nach § 303 StGB wegen Sachbeschädigung.
Das Gespräch fängt schon gut an. Siehe Merkur vom 1.7.2016:
Zu dem sogenannten Kompromiss, den Pfarrer Sinseder vorschlägt, möchten
wir folgendes sagen: Die einzige wirkliche Sachbeschädigung an
der St. Georg-Kapelle am Weinberg in Schliersee geschah 1956 durch die Anbringung
der OberlandserTafel im historischen Mauerwerk von 1350.
Die Entfernung der EhrenTafel für Altnazis wäre eine Restaurierung
des gotischen Mauerwerks.
Die Ehrentafel für Altnazis steht sicher nicht unter Denkmalschutz. Sie
zu entfernen erfüllt zwei wünschenswerte Ziele:
1. die Wiederherstellung der originalen Wandgestaltung
2. die Beseitigung eines Schandflecks, der zum Treffpunkt von Altnazis und
Rechtsextremisten wurde.
(Das 1923 errichtete erste Ehrenmal für die nazistische Freikorps-Truppe
war aus guten Gründen 1945 von den Amerikanern gesprengt worden.)
Die Tafel ist zu entfernen und sollte in das künftige Museum für
Bayerische Geschichte in Regensburg gegeben werden. Dort wäre sie kein
Sammelort mehr für Nazis und ihre Kränze und könnte zusammen
mit der Geschichte der Oberlandser und ihrer Verbindung zu SA und SS, sowie
mit einer ausführlichen Beschreibung der Denkmalsgeschichte aufbewahrt
werden. Diese ausführliche und notwendige historische Darstellung ist
viel zu umfangreich, als dass sie auf dem Weinberg dargestellt werden könnte.
Eine angemessene Dokumentation der Geschichte und Bedeutung der historischen
Rolle der Freikorps bei der Zerstörung der Demokratie und der Entwicklung
der Nazi-Diktatur kann nur im Museum (nicht an einer Kirchenwand) geleistet
werden. Im Museum fände auch die Tafel den einzig erträglichen Ort.
Auch andere Symbole von Mord- und Unrechtssystemen wurden sinnvollerweise
entfernt und nicht mit fragmentarischen Zusatztäfelchen versehen –
z.B. Monumente von Stalin in den neuen Bundesländern.
Der Pfarrer macht sich mit seiner Anzeige gegen uns zum Beschützer einer
Nazi -Tafel statt zum Beschützer der historischen Gestaltung der Kapelle.
Wir hoffen, dass ihm bessere Einsicht geschenkt wird – nötigenfalls
in dem von ihm angestrebten Gerichtsverfahren.
siehe auch: 'Die
Geschichte der Kameradschaft Freikorps und Bund Oberland'
von Eva Hintermeier
Bündnis gegen rechtsextreme Umtriebe im Oberland
Foto: Celine Kraft